Migräne in Deutschland
Zahlen, Fakten, Schicksale

Vorurteile über Migräne halten sich hartnäckig. Sie spiegeln sich wider in Sprüchen wie „Erwin ist heute nicht an seinem Arbeitsplatz – hat mal wieder seine Migräne genommen“ oder auch „Migräne ist, wenn Frauen keine Lust auf Sex haben“. Das alles ist Unsinn. Denn Migräne ist etwas ganz anderes: Immer wieder auftretende schwere Kopfschmerzanfälle, bei denen Presslufthämmer bis zu drei Tage im Kopf dröhnen, bei denen die Schmerzen hinter den Augen und in der Schläfe kaum auszuhalten sind, den Kopf zum Bersten bringen. An Arbeiten ist nicht zu denken. Nichts geht mehr, Kinder und Partner bleiben sich überlassen. Jede noch so kleine Bewegung verstärkt den Schmerz ins Unerträgliche. Alles, was man sich vorgenommen hat, alle Pläne, alle Termine, alle Verabredungen, alles wieder umsonst – gestrichen.

Schmerzen

Schmerzen

Die Migräneattacken kommen, wenn man sie überhaupt nicht brauchen kann. Zweimal, dreimal oder sogar viermal im Monat. Die Migräneanfälle dauern jeweils bis zu drei Tage. Jedes Geräusch tut weh, Licht blendet und schmerzt – das Öffnen der Augenlider ist eine einzige Qual. Jeder Geruch ist unerträglich und intensiv widerlich. Permanente Übelkeit und würgender Brechreiz lassen das Elend noch höllischer werden. Es bleibt nicht dabei – schwallartiges Erbrechen nimmt einem die letzte Kraft. Migräne, das bedeutet drei Tage Hausarrest im abgedunkelten Zimmer, gebunden an Bett und Toilette, Schmerztabletten. Migräne bedeutet Unverständnis von anderen und für den Betroffenen Angst, die Zeit wieder nicht aufholen zu können.

Die immense Behinderung durch Migräne ist für Außenstehende nur schwer nachvollziehbar. Im Röntgenbild finden sich keine Auffälligkeiten, Blutwerte und andere Untersuchungsbefunde sind normal. Die Ärzte sagen, alles sei in Ordnung, sie könnten nichts finden. Migräne – eine Erkrankung ohne Binde oder Gips, auf die man verweisen könnte

Volksleiden mit volkwirtschaftlicher Bedeutung

Zwei von drei erwachsenen Deutschen (etwa 66 Millionen) leiden zumindest zeitweilig unter Kopfschmerzen. Das sind rund 47 Millionen Menschen. Von diesen wiederum sind fast 18 Millionen von Migräne betroffen, weitere 25 Millionen von Kopfschmerzen des Spannungstyps, der Rest mit knapp vier Millionen leidet unter anderen Formen wie beispielsweise dem Cluster-Kopfschmerz und vielen weiteren Formen.

Das ist schon eine erhebliche Zahl: 18 Millionen Migränekranke, die meisten davon erwerbstätig. Nimmt man den Durchschnitt der Anzahl an Migräneattacken pro Monat und die durchschnittliche Dauer einer Attacke und geht davon aus, dass ein Migränekranker nicht fähig ist, zu arbeiten, oder einer sinnvollen Freizeitbeschäftigung nachzugehen, so ergibt sich daraus, dass pro Tag durch die Migräne 900.000 Menschentage verloren gehen.

  • 900.000 Menschtage. Teilen wir die Zahl einmal durch sieben und ziehen die „unproduktiven“ Wochenenden ab, so bleiben immer noch knapp 650.000 Tage, die jeden Tag als Arbeitszeit verloren gehen. Rechnen wir das doch einmal hoch: 650.000 mal 220 Arbeitstage im Jahr gleich 143 Millionen Arbeitstage, die jedes Jahr durch die Migräne verloren gehen.
  • Lassen Sie uns das Rechenbeispiel noch ein wenig fortführen: Für Männer werden von Statistikern pro Jahr Arbeitsausfall 29.191 Euro berechnet, für eine Frau nur 17.340 Euro. Mitteln wir nun das Ganze, so kommen wir auf einen Wert von 23.265 Euro. Das ist der Preis für ein Jahr Arbeitsausfall für Mann/Frau. Was bedeutet das für die Migräne?
  • Also rechnen wir: 23.265 Euro durch 220 Arbeitstage gleich 105,75 Euro. Das Ergebnis multiplizieren wir nun mit 143 Millionen: 105,75 Euro mal 143.000.000 Tage gleich 15.122.250.000 Euro – also gute 15 Milliarden Euro.

Allein die Kosten durch Arbeitsausfall aufgrund Migräne betragen im Jahr damit etwa 15 Milliarden Euro. Hinzu kommen rund 27 Millionen Euro für die Behandlung in Krankenhäusern (gut 90.000 Behandlungstage pro Jahr) sowie ein Gutteil der rund 500.000 Euro jährlich, die in Deutschland für frei verkäufliche Schmerzmittel ausgegeben werden. Für die ambulante Behandlung bei niedergelassenen Ärzten liegen leider keine gesicherten Zahlen vor. Jedoch werden auch hier mit Sicherheit einige Milliarden Euro im Jahr anfallen. Allein die gesicherten Kosten der Migräne liegen also bei gut 16 Milliarden Euro. Das entspricht immerhin fast einem Drittel der Höhe des Haushaltsetats 1999 des Bundes für Verkehr, Bau und Wohnungswesen sowie des Verteidigungshaushalts, für die zusammen rund 50 Milliarden Euro angesetzt waren. Oder, um es etwas anschaulicher auszudrücken: 16 Milliarden Euro entsprechen 512.984 durchschnittlichen Netto-Haushalteinkommen pro Jahr – 512.984 Haushalte könnten von dem Geld ein ganzes Jahr lang über die Runden kommen. Man kann also mit Fug und Recht behaupten, dass die Migräne eine Erkrankung mit hoher volkswirtschaftlicher Bedeutung ist.

Wer leidet unter Migräne?

Wie viele Menschen innerhalb bestimmter Zeiträume an einer Krankheit leiden, wodurch sich die Betroffenen auszeichnen (z.B. Altersgruppe, Raucher oder nicht) und welche sozialen Folgen die Erkrankung hat – all dies und vieles Weitere heraus zu finden, ist Sache einer medizinischen Disziplin, die sich Epidemiologie nennt. Doch in Deutschland ist diese Disziplin sehr vernachlässigt worden.

Erst im Jahre 1993 wurde eine repräsentative deutsche Studie zum Auftreten von Migräne und Kopfschmerzerkrankungen durchgeführt. Diese Untersuchung basiert auf den Angaben einer Gruppe von 5.000 repräsentativ ausgewählten Erwachsenen und umfasst auch Daten zu Geschlecht, Altersgruppe, Schulbildung, Ortsgröße und Region. Alle im Folgenden genannten Fakten entstammen dieser Studie oder – etwa im Falle des Auftretens der Migräne bei Kindern – repräsentativen Untersuchungen aus anderen Ländern. Soviel sei vorweg verraten: Schulbildung, Größe des Wohnortes und Bundeslandes spielen keine Rolle beim Auftreten der Migräne. Wohl aber Alter und Geschlecht.

Immer mehr Kinder leiden unter Migräne

Laut einer skandinavischen Studie aus den sechziger Jahren sind von den 7- bis 9jährigen Kindern 2,5 Prozent von Migräne betroffen, in der Altersgruppe 10 bis 12 bereits 4,6 Prozent und von den 13- bis 15jährigen ganze 5,3 Prozent – also etwa jedes zwanzigste Kind. Auch wenn die Studie mittlerweile 40 Jahre her ist, so wurden ihre Ergebnisse von neueren Untersuchungen im Wesentlichen bestätigt.

Besonders zu denken gibt eine finnische Studie aus dem Jahre 1974, die mit der selben Zielrichtung im Jahre 1992 wiederholt wurde. Danach litten im Jahre 1974 „nur“ 1,9 Prozent der 7jährigen Jungen und 2 Prozent der gleichaltrigen Mädchen unter Migräne. Bei der Wiederholung 18 Jahre später waren es bereits 6,3 Prozent der Jungen und 5 Prozent der Mädchen. Für das Auftreten von allen Kopfschmerzformen inklusive Migräne ergab sich sogar eine Steigerung von 14,6 Prozent (Jungen und Mädchen) im Jahre 1974 auf 51,5 Prozent im Jahre 1992.

Auch wenn die Prozentangaben nicht exakt auf deutsche Verhältnisse übertragbar sein mögen, so weisen sie doch auf eine Verdreifachung der Migränehäufigkeit bzw. eine Zunahme um den Faktor 3,5 bei Kopfschmerzen allgemein in diesem Lebensalter hin. Zudem ergab die Untersuchung, dass die Anzahl der Kopfschmerzattacken je Monat zugenommen hatte.

Frauen sind häufiger von Migräne betroffen

Wie wir im letzten Abschnitt gesehen haben, leiden Jungen häufiger unter Migräne als Mädchen. Dies ist im Erwachsenenalter genau umgekehrt. Auf das gesamte Leben gerechnet ( so genannte Lebenszeitprävalenz) erkranken 27 Prozent der Erwachsenen irgendwann an Migräne. Betrachtet man jedoch die Geschlechter getrennt, so sind 32 Prozent der Frauen, aber nur 22 Prozent der Männer betroffen. Das entspricht einem Verhältnis von 1,45 zu 1. Mit anderen Worten: Frauen sind um knapp 50 Prozent häufiger migränegeplagt. Dennoch beweist die Zahl von 22 Prozent betroffener Männer, dass es sich bei der Migräne keineswegs um eine reine Frauenkrankheit handelt.

Interessant wird es aber auch, wenn wir uns das Auftreten der Migräne auf ein Jahr berechnet anschauen. Die zugrunde liegende Frage lautet: „Hatten Sie im vergangenen Jahr Migräneanfälle?“ – wobei wir nun sowohl das Geschlecht als auch das Lebensalter mit einbeziehen: Man erkennt hier deutlich nicht nur die unterschiedliche Häufigkeit bei Frauen und Männern, sondern auch den Verlauf durch die Lebensalter. Wir sehen einen Scheitelpunkt sowohl bei Frauen als auch bei Männern um das 30ste Lebensjahr herum. Danach fallen beide Kurven flacher werdend ab. Mit anderen Worten: Je älter wir werden, desto weniger häufig wird die Migräne.

Was Migränepatientinnen und -patienten über ihre Krankheit denken

Bei vielen Erkrankungen wissen die Patienten ausnehmend gut über ihre Krankheit Bescheid. Nehmen Sie nur die verschiedenen Formen der Koronaren Herzkrankheit, wie Angina pectoris oder Herzinfarkt. Sie kennen die korrekten Bezeichnungen, haben eine klare Vorstellung davon, wie die Krankheit entsteht (Bluthochdruck, Arteriosklerose) und kennen zumindest einige Behandlungsverfahren (z.B. Bypass-Operation, Ballonkatheter). Nicht so Patienten mit Kopfschmerzerkrankungen. Obgleich Kopfschmerzen in ihren verschiedenen Facetten zu den alltäglichsten und häufigsten Krankheiten überhaupt gehören, mangelt es überraschenderweise am Wissen über Kopfschmerzerkrankungen.

Schon beim Namen Migräne hapert es

In der bereits erwähnten repräsentativen Befragung von 5.000 Deutschen wurde auch ermittelt, wie die Betroffenen ihre Kopfschmerzen selbst bezeichnen. Befragt wurden nur solche Patienten, die tatsächlich unter Migräne litten.

Nur knapp ein Drittel dieser Patienten (27 Prozent) bezeichnete die Kopfschmerzen als Migräne. Sechs Prozent verwendeten andere wie z.B. Stresskopfschmerz. Vier Prozent meinten, ihre Kopfschmerzen seien auf das Wetter zurück zu führen. Ein Prozent meinte, sie seien psychisch bedingt und sprachen z.B. von „nervlich bedingten Kopfschmerzen“.

Neben dieser mehr ursächlich orientierten Gruppe benennt eine weitere Gruppe von sechs Prozent der Patienten ihre Kopfschmerzen schlicht durch Beschreibung der subjektiven Symptome z.B. „Klopf- oder Reißkopfschmerz“.

Eine dritte Gruppe klassifiziert die Migräne auf der Basis von vermeintlichen organischen Veränderungen. Entsprechend benennen neun Prozent der Migränepatienten ihren Kopfschmerz als „Verspannungs-“ „Menstruations-„, „Verschleiß-„, „Kreislauf-“ oder „Hormonkopfschmerz“.

Besonders gravierend aber ist, dass 48 Prozent der Betroffenen überhaupt keinen Begriff für ihren Migräne-Kopfschmerz haben. Aus diesen Zahlen wird deutlich, dass es in der Bevölkerung keinerlei allgemeingültige Konzepte für die Bezeichnung und Klassifizierung von Kopfschmerzen gibt. Kopfschmerzen werden einfach erduldet. Es gibt aus Sicht der Patienten kein modernes Wissen zu den verschiedenen Kopfschmerzerkrankungen und entsprechend auch keine spezifischen therapeutischen Strategien, die bei den verschiedenen Kopfschmerzen genutzt werden könnten.

Ursachen der Migräne aus PatientInnensicht

Auch zur Entstehung der eigenen Kopfschmerzen gibt es bei Migränepatienten ganz unterschiedliche Meinungen. Jeder Zweite geht davon aus, dass eine körperliche Ursache der Migräne besteht, 26 Prozent nehmen an, dass keine körperliche Ursache vorliegt, während 24 Prozent überhaupt keine spezielle Meinung dazu haben, wie ihre Kopfschmerzen entstehen. Jene 50 Prozent aber, die eine körperliche Ursache annehmen, nennen die verschiedensten möglichen Ursachen (Mehrfachnennungen möglich):

  • Erkrankung des Bewegungsapparates: 75%
  • Kreislaufprobleme: 25%
  • Bandscheiben- oder Wirbelsäulenschäden: 14%
  • Hormonelle Ursachen: 12%
  • Lebensführung (Stress): 11%
  • Kiefer, Hals, Nasen, Ohren, Augen: 11%
  • Kopfverletzung, Gehirnerschütterung: 6%
  • Umweltbedingt: 5%
  • Abnutzung: 3%
  • Stoffwechselprobleme: 3%
  • Allergie: 1%

Es zeigt sich auch hier, dass in Deutschland quasi ein „Kopfschmerz- und Migräne-Analphabetismus“ in der Bevölkerung besteht. Wissenschaftliche Erkenntnisse zur Migräneentstehung haben im Gesundheitswissen der Bevölkerung noch so gut wie keinen Niederschlag gefunden.

Vertrauen in die Ärztin/den Arzt?

Das Vertrauen in die Ärzteschaft bezüglich einer Migräneerkrankung fällt eher dürftig aus: Nur knapp zwei Drittel der Migränepatienten holen sich im Laufe ihres Lebens mindestens einmal Rat bei einem Arzt. Ganze 38 Prozent verzichten ganz darauf. Das trifft vor allem auf jüngere Menschen zu.

Die Gründe für den Verzicht auf eine ärztliche Konsultation sind ganz unterschiedlich. Jeder Zweite meint, der Arzt sei nicht der richtige Ansprechpartner in Sachen Migräne. Diese Menschen sind der Ansicht, dass es ja doch keinen Sinn mache, weil die Schmerzen nicht ständig auftreten und ohnedies von allein wieder abklingen. Viele Betroffene stellen jedoch auch den Ärzten ein schlechtes Zeugnis aus: „Die kümmern sich ja sowieso nicht um meine Kopfschmerzen.“ Sie haben kein Vertrauen in den Arzt, trauen ihm keine kompetente Behandlung ihrer Kopfschmerzen zu. Ein weiterer Teil der „arztscheuen“ Migräniker meint, dass sie ihre Schmerzen ganz gut selbst behandeln könnten und eine Untersuchung deshalb nicht nötig sei. Manche haben auch schlicht und ergreifend keine Lust, ihre Zeit im Wartezimmer zu „verplempern“, zumal der Arzt ihnen vermutlich ohnehin nicht helfen könne und es Schmerzmittel sowieso frei in der Apotheke zu kaufen gibt.

Der Tenor aber ist ziemlich eindeutig und sollte der Ärzteschaft zu denken geben. Um es einmal etwas überspitzt zu formulieren: Was sollte man wohl davon halten, wenn gut ein Drittel der Autofahrer lieber versuchen würden, ihr KFZ selbst zu reparieren, weil sie kein Vertrauen in die Werkstätten hätten?

Offenkundig wird von medizinischer Seite noch wenig dafür getan, dass man ihr in Sachen Migräne und Kopfschmerz die nötige Kompetenz zutraut. Das liegt sicher auch an der minimalen Zeit, die manche Ärzte ihren Patienten und deren Kopfschmerzen widmen: Im Rahmen einer „Drei-Minuten-Sprechstunde“ lassen sich gewiss weder eine verlässliche Diagnose stellen, noch ein angemessener Behandlungsplan erstellen. Die Enttäuschung der Patienten wird durch ein solches Verhalten natürlich programmiert. Und dass solche Negativ-Erfahrungen anderen Leidensgenossen mitgeteilt werden und deren Verhalten prägen, liegt auf der Hand.

Informationsquellen zur Selbstbehandlung

Zu dem eben Gesagten passt, dass 15 Prozent der Migränekranken ihr Wissen um die Behandlung der Schmerzen von Freunden und Bekannten haben. Nur sieben Prozent folgen bei der Selbstbehandlung dem Rat eines Arztes – ebenso viele, wie sich gemäß irgendwelcher Fernseh-, Zeitschriften- oder Hörfunk-Werbung therapieren.

Immerhin 18 Prozent folgen den Empfehlungen eines Apothekers. Die meisten aber behandeln sich so, wie es ihnen in den Medien empfohlen wird oder wie sie es im Kreise der Familie gelernt haben – mit Ratschlägen, die oft über Generationen weiter gegeben wurden.

Selbstbehandlung mit Medikamenten

Die allermeisten Migränepatienten werden durch ihre Erkrankung so sehr behindert, dass sie zwangsläufig irgendeine Form von Behandlung beginnen. Am naheliegendsten ist es natürlich, in die Apotheke zu gehen und sich eines der freiverkäuflichen Schmerzmittel zu besorgen. Bei der Selbstbehandlung mit Medikamenten zeigt sich aber, dass zwei von drei Patienten eine zu geringe Dosis einnehmen. Nur etwa ein Drittel der Betroffenen nimmt zwei Tabletten (1000 Milligramm Acetylsalicylsäure oder Paracetamol) oder mehr und ist damit im Bereich einer wirksamen Dosis. Bei ärztlich verordneten Schmerzmitteln ist das Verhältnis etwas besser: Nur ein Drittel der Patienten nimmt eine zu geringe Dosis ein.

Von wem erwarten Patienten Hilfe?

Von jenen, die überhaupt ärztliche Hilfe suchen, wenden sich die allermeisten Patienten an den Hausarzt bzw. Allgemeinmediziner. Auf Platz zwei des Ärzterankings stehen nahezu auf gleicher Höhe Neurologen, Internisten und Orthopäden. Danach kommen gleich schon Heilpraktiker, Psychiater und Psychologen, Augenärzte, Homöopathen, Gynäkologen, Hals-Nasen-Ohren-Ärzte, Hautärzte, Akupunkteure und Chirotherapeuten.

Dass bei einem solch bunten Sammelsurium von Berufsgruppen nicht überall mit der gleichen Fachkompetenz in Sachen Kopfschmerz zu rechnen ist, dürfte einleuchten. Entsprechend unterschiedlich fallen auch die Diagnosen aus. Die erwähnte Studie an 5.000 Personen ergab denn auch ein erschreckendes Ergebnis: Von jenen Patienten, die alle Kriterien der Migräne erfüllen, bekamen nur 26 Prozent tatsächlich mitgeteilt, dass sie an einer Migräne leiden. Auf den Punkt gebracht bedeutet das: Drei von vier Patienten gehen mit der falschen oder ganz ohne Vorstellung zur Diagnose nach Hause.

Um noch einmal auf das Vertrauen zu den Ärzten zurück zu kommen: Wundert es angesichts dieser Zahlen noch irgend jemanden, wenn Migräne- und Kopfschmerzpatienten sich nicht ernst genommen fühlen und lieber zur Selbsthilfe und zu im Volksmund überlieferten Erklärungen greifen?